Hardcore Henry, Blacksad und The Course of Empire

Praktisch seit es das Genre der Egoshooter gibt dachte ich mir, jemand sollte mal einen kompletten Spielfilm ausschliesslich in der Ich-Perspektive drehen. Im eher durchscnittlichen DOOM Film kam dann so eine kurze Sequenz, aber der Rest war herkömmlich produziert. Mit Hardcore Henry hat es endlich jemand gewagt und ich bin hellauf begeistert. Man darf da jetzt kein cineastisches Meisterwerk erwarten, die Handlung ist relativ schlicht. Den Zuschauer erwartet ein Actionspektakel, etwa wie John Wick nur mit etwas mehr Verfolgungsjagden und Parkoureinlagen. Dabei sind etliche Gags eingestreut, so Schwarzenegger/Stallone Humor. Und obendrein kommt der Soundtrack ausgesprochen geschmackvoll daher, beispielsweise das famose For the Kill von Biting Elbows, im Video sieht man die halsbrecherischen Dreharbeiten. Großartig und der Beginn eines neuen Genres, da bin ich mir sicher. Henry ist aber bestimmt nichts für jedermann, allzu zart besaitet sollte man nicht sein und es hilft wenn der Sehapparat die Egoperspektive gewohnt ist, sonst wird man wohl leicht seekrank.

Blacksad hatte ich schon länger auf dem Schirm, jetzt gab es die Serie mal wieder digital im Angebot und da musste ich einfach zugreifen. Es ist ein Comic über einen hard-boiled-Detective in Amerika, Mitte des 20. Jahrhunderts mit Kommunistenfurcht, Rassismus, Jazz und Poesie. Die Figuren sind anthropomorphe Tiere, der Held ist beispielsweise ein Kater und die Protagonisten teilen sich ihre Charakterzüge mit ihren animalischen Gegenstücken. Leider wird das Artwork im Lauf der Serie etwas schlichter, aber gerade die ersten beiden Bände sind eine absolute Augenweide. Die Geschichten sind aber allesamt famos.

Meine Lauscher verwöhne ich derzeit mit The Course of Empire, dem neuen Album der bayrischen Epic Metaller Atlantean Kodex. Eine Hymne jagt die nächste, alles sehr erhaben und mitreissend. Das Werk hat jedenfalls mit Leichtigkeit die neue Tool und auch New Model Army verdrängt und das will was heissen. Freunde von gemütlichem traditionellen Heavy Metal können bedenkenlos zugreifen.

Spirou in Berlin und Envy the Night

Spirou in Berlin hatte ich schon ewig auf meiner Leseliste, aber die Serie gibt es nicht auf Comixology und ich wollte den Band auch auf deutsch lesen. Aber es war wie verhext: immer wenn ich das Comic kaufen wollte, war es nicht vorrätig und irgendwann war die Erstauflage vergriffen und ich habe es aus den Augen verloren, denn etwas im Buchhandel bestellen und dann nochmal wiederkommen zum Abholen ist irgendwie nicht so meins. Aber jetzt habe ich es geschenkt bekommen, bin gerade fertig geworden und muss sagen: Flix ist völlig zurecht der erste deutsche Zeichner der einen Spirou malen durfte, denn er hat nicht nur einen geschmeidigen Strich sondern er kann auch Geschichten erzählen und hat ein feines Gespür für Komik. Und obendrein merkt man bei Flix die Einflüsse, die mir wichtig sind: Bill Watterson und Hergé. Das Comic ist ein typisches Spirou und Fantasio Abenteuer, es spielt in der DDR kurz vor dem Mauerfall und ist voller Anspielungen und Déja-vus. Wirklich toll.

Nachdem mir How it Happened so gut gefallen hat, habe ich mir mit Envy the Night einen weiteren Thriller von Michael Koryta reingezogen, aber wie es oft der Fall ist wenn man hohe Erwartungen hat, war ich etwas enttäuscht. Handwerklich ist das Buch schon okay und es kommt auch ein Quäntchen Spannung auf, aber so richtig mitgerissen hat es mich leider nicht.

1001 Movies: Meilenstein, The dead don’t die, Trillium

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Nach zähem Ringen habe ich es tatsächlich geschafft eine Seite des Buches 1001 Movies you must see before you die zu komplettieren. Dabei versuche ich möglichst alle Filme legal im Netz zu sehen, was teils schwierig bis unmöglich ist. Die größten Problemfilme (Dilwale dulhania le jayenge, Biruma no tategoto) habe ich mir dann via eBay aus Südkorea bestellt, für unfassbar günstige 5€ inklusive Porto. Trotz des Aufwands folge ich der Mission noch immer, denn am Ende des Tages erweitert man seinen Horizont doch beträchtlich, gerade wenn man Filme aus fernen Ländern anschaut, die sich nicht an Hollywood Konventionen halten.

Apropos Filme, Jim Jarmusch hat mit The dead don’t die einen Ausflug ins Zombiegenre unternommen und ich finde es ist eine Bereicherung für die lebenden Toten. Der Film ist sehr entspannt und hat ein paar gute Lacher, es ist aber trotz der wunderschönen Aufnahmen vom ländlichen Amerika immer noch ein Horrorfilm. Mir hat er jedenfalls gefallen.

Gute Laune verschafft mir immer noch Comixology, da habe ich für 22 € die Werkausgabe von Mike Mignolas Hellboy erstanden, wenn man die Comics in gedruckter Form besitzen möchte, muss man so etwa 240 € abdrücken. Aber es gibt tatsächlich auch etwas zu bejammern: gerade habe ich Jeff Lemiers wunderschönes Trillium gelesen und da sind einige Seiten auf dem Kopf gezeichnet, wenn man dann das Tablet herumdreht, passt sich natürlich der Bildschirm an und man sieht es wieder verkehrt herum. Man hat’s nicht leicht in der digitalen Welt.

Panzerschokolade und Comixology

Panzerschokolade ist nicht nur das Methamphetamin mit dem sich die Wehrmacht gedopt hat sondern auch das erste Buch von Rep Rachel, die sonst bei Farin Urlaub Racing Team trommelt. Es ist ein Roman mit autobiographischen Zügen und handelt von den Irrungen und Wirrungen die man als Musikerin so erlebt: ständig in Geldnöten, von einem Überbrückungsjob zum nächsten, dann mal eben zu Rock am Ring und dabei immer umgeben von skurrilen Mitmenschen. Das ganze ist auffallend gefällig geschrieben und durchaus unterhaltsam, aber verglichen mit The Dirt etwas harmlos. Hat mir trotzdem sehr gefallen.

Dann habe ich mich nach Jahren der Enthaltsamkeit endlich wieder der sequenziellen Kunst gewidmet. Auslöser war das neue Spirou Album das demnächst erscheint, gezeichnet von Flix, dem ersten Landsmann dem die Ehre zu Teil wird einen Band der berühmten franko-belgischen Serie zu fabrizieren. Mein Hauptproblem mit gedruckten Comics ist ja, dass ich nicht meine Wohnung vollstopfen möchte. Ich habe ein bisschen damit experimentiert am Computer zu lesen, aber das war irgendwie nicht befriedigend. Jetzt habe ich allerdings eine prima Lösung gefunden: ein iPad mit der Comixology app.

Man bekommt Tablets ja mittlerweile in Größen, die einer Albumseite entsprechen und die App hat einen Lesemodus namens „Guided View“, mit dem man sich extrem geschmeidig von Panel zu Panel hangeln kann. Als erstes habe ich mir 18 Bände von Thorgal (auf englisch) rausgelassen, jeder Band enthält offenbar 2 Alben und dazu waren sie auch noch reduziert. Gezahlt habe ich knapp 50 €, würde man sie als Hardcover kaufen, müsste man so etwa das zehnfache berappen. Und da Comixology von Amazon geschluckt wurde, kann man davon ausgehen dass die Firma nicht plötzlich verschwindet und man dann nicht mehr an seine digitalen Inhalte herankommt. Manche Comics kann man sogar als PDF herunterladen um sie zu archivieren, Thorgal aber leider nicht.

Ich bin jedenfalls sehr glücklich damit, würde mir aber wünschen dass Comixology mit der Amazon Website verschmilzt und DRM Freiheit wäre natürlich toll, aber dafür sind die Verlage wohl zu paranoid.

Timecrimes und Adele

Wenn ihr wie ich ein Faible für hirnzermarternde Zeitreisegeschichten habt, könnte Timecrimes etwas für euch sein. Der Film ist schon ein bisserl älter und mit einem überschaubaren Budget gedreht, dafür ist die Story umso packender. Es geht nicht um das Schicksal der gesamten Menschheit und die zeitliche Distanz die hier gesprungen wird ist auch nur relativ kurz aber gerade das sorgt für eine extrem dichte Spannung.

Und noch ein Film der sich deutlich von der amerikanischen Fliessbandunterhaltung unterscheidet: Adèle und das Geheimnis des Pharaos. Als Vorlage dient die Comicserie von Tardi, Adèles ungewöhnliche Abenteuer. Die Geschichte spielt in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts, es gibt eine dreiste und vorlaute Heldin, gefrässige Dinosaurier, verstaubte Mumien, übernatürliche Ereignisse, skurrile Charaktere und planlose Polizisten. Interessant ist auch was es nicht gibt: sinnlos brutale Kämpfe wie in praktisch jedem Superheldenstreifen. Schön dass es auch anders geht.

Daredevil

Nachdem mir von mehreren Seiten die Marvel Serie Daredevil empfohlen wurde habe ich mir die erste Staffel trotz meiner Abneigung von Superheldengeschichten angesehen und fand sie gerade mal durchschnittlich. Wie üblich geht es um einen Vigilanten mit übernatürlichen Fähigkeiten der in der Nacht schwer bewaffnete Unholde verprügelt ohne sich je eine Kugel einzufangen, wobei das moralische Dilemma der Selbstjustiz schon angesprochen aber völlig unbefriedigend beantwortet wird. Der Bösewicht ist ein unsympathischer Unternehmer mit mafiösem Hintergrund, allerdings ohne magische Kräfte dafür mit nervtötender Überbetonung jedes Wortes. Das war im Grunde schon die ganze Handlung. Für ein Superheldencomic war’s erträglich und auch halbwegs unterhaltsam aber wer die Serie nicht gesehen hat, hat wirklich nichts verpasst.